urban urtyp ist, wenn alle Intendanten sind. Hätten wir einen Verwaltungsrat, müsste es jetzt heißen: Alle Intendanten haben ihre Verträge verlängert und wurden zu Künstlerischen Leitern berufen. Und dann würde der Verwaltungsrat hervorheben, dass es das besondere Verdienst dieser Intendanz gewesen sei, trotz knapper Kassen künstlerische Standards gehalten und ausgebaut zu haben. Aber ach, es gibt hier keinen Verwaltungsrat, es gibt niedrige Preise und hohes Niveau. Die Künstlerische Leitung gibt bekannt:
» IM OKTOBER werden KREIDLER kommen. Die vier Düsseldorfer sind seit fast 20 Jahren in Sachen Musik unterwegs und haben geschafft, was wenigen gelingt: erfolgreich zu sein und trotzdem Indie zu bleiben. Mit ihrem minimalistischen Sound, von Electronics getragen, haben sie in den Höhen der Hochkultur gespielt — u.a. im MoMa New York — und mit internationalen Größen der Kunstwelt gearbeitet wie der Choreographin Pina Bausch oder Andreas Gursky, dem Fotokünstler.
Und jetzt — so Indie sind die — geht es für Kreidler vom MoMa in den Kubus. Den 10 x 10 Meter großen Raum, den wir für jedes Konzert eigens in den Kirchenraum hinein bauen. Wieso Kreidler das machen? Sich so klein setzen? Weil es viel Spaß bringt statt viel Geld.
Vor und neben Kreidler werden Bochumer spielen: ROCKFORD KABINE schreiben erfolgreich Soundtracks für Filme, Klangteppiche aus Gitarrensounds, Synthesizern und Percussion mit viel Dub, viel TripHop, viel Krautrock. Normalerweise sind sie zu zweit, in diesem Fall kommen sie als Sextett. Sex sells.
» IM NOVEMBER: FREDERIK KÖSTER UND DIE VERWANDLUNG. Köster gilt neben Till Brönner als neuer Star an der Trompete, er hat an Preisen geholt, was es zu holen gibt. Und jetzt verwandelt er sich: Neue Band, neuer Sound, neue Ideen. Köster, Trompeter mit dem ECHO Jazz, tritt ohne Echo an: keine Vervielfachung von dem, was war, kein Echo zum ECHO, dieser Abend wird … wie immer bei urban urtyp: wie immer anders.
» IM DEZEMBER: ALICE FRANCIS. Ihr Neo-Charleston ist alles, was schwer ist, mit leichter Hand: stilsicher, selbstbewusst, mit allen Gesten der großen Show. Gut gelaunt, elegant, mit Raffinessen der allerkleinsten Geste. Sie scattet, sie swingt, sie legt einen Rap in die Musik und hat in der Stimme den Hauch, den nur die Monroe hatte, ganz nah am Mikrofon.
Die Kölnerin ist derzeit auf dem Weg, sich ein großes Publikum zu erspielen. Auch hier ist der Kubus, der 10 x 10 Meter Club, eigentlich zu klein. Auch ihr geht es darum, Musik hautnah zu hören.
Und das alles mit knapper Kasse? Vor drei Jahren sind wir mit einem Konzept an den Start gegangen, das passte auf einen Bierdeckel. Nicht irgendeinen, einen Schlegel Urtyp-Bierdeckel, auf dem stand: “immer sonntags, immer 19 Uhr, immer nur 10 Euro”. Das Konzept gilt weiterhin, 10 Euro sind unser Goldstandard. Ziemlich knapp für den hohen Standard, den die Reihe bietet. Wie wir das machen?
Ach, es gibt keinen Verwaltungsrat, den man das fragen könnte.