#59 Friends of Gas: “Fatal schwach”

FoG by Susanne Beck

Min­i­mal­is­tis­ch­er Post­punk. Reduced to the Max. Eine des­per­at-bedrohliche Stimme über dom­i­nan­ten Bass-Lin­ien, kühl-ver­let­zlichen Indie­gi­t­ar­ren und fordern­den Drums. Jed­er Song ein Beben, ein schwe­len­der Vulkan, tief­schwarz glühend.

Aber erst ein­mal ein Blick von außen, wir zitieren Bernd Bege­mann, er erzählt, was uns aus der Seele spricht, näm­lich dass er FoG  —  Friends of Gas  —  zunächst nicht sehen und nicht hören wollte, weil er den Namen „echt furcht­bar“ find­et. Wir auch, und dann. Diese Musik. Furcht­bar, ja, “eine furcht­bare Präsenz”, so Bege­mann, schön rock­ig, ohne rock­ig zu sein, und schön ist das alles sowieso nicht, es ist, sagte Bege­mann, »eine zwin­gende Kraft,« es ist Punk nach dem Tod des Punks. Min­i­mal­is­tisch, großar­tig.

Indie-Riffs auf der Gitarre, erbar­mungs­los genial wie ein­mal die von Son­ic Youth, kalt und kühl wie damals, als die Neue deutsche Käl­tewelle schwappte, aus­dauernd ver­let­zlich wie seit Cobain nicht mehr, sie leg­en sich, kraft­strotzend und devot, ein­er des­per­at-bedrohlichen Stimme zu Füßen, es ist die von Nina Walser, und mit ihr, mit dieser Stimme, schlägt einem eine Lei­den­schaft ent­ge­gen, wie kein­er sie gehört hat seit ewig nicht mehr, Cobain oder was. Schnei­dend und kehlig, dann ein­sam und fle­hend, „fast dem­a­gogisch“, schrieb SPEX.

Eine furcht­bare Präsenz.” Sagt Bege­mann, “eine zwin­gende Kraft.” Die Drums trom­meln, beben, provozieren, der Bass dominiert den Sound wie das Grollen ein Gewit­ter, das Ganze ist ein Sound-Vulkan kurz vor dem Aus­bruch, der ger­ade begin­nt, begonnen hat, wir sind mit­ten­drin. Live auf der Bühne, man hört und tut, was einem sel­ten wider­fährt, man fühlt. FoG kom­men aus München, es ist rät­sel­haft. Woher diese Lei­den­schaft, wofür, woge­gen? Die Wut ist glühend und tief­schwarz, FoG, der Nebel, drückt etwas aus, das nicht gesagt wer­den kann, das geschrien wer­den muss, gehofft, gehaucht.

Und wenn du mich fragst, wo ich leben will, sage ich nichts mehr.“

Friends of Gas.

Ok, der Name ist ein­fach däm­lich, er irri­tiert nicht und führt nicht in die Irre, er führt ins Falsche: „Gas“ ist, erst recht wenn man auf Deutsch singt, ein gebran­nter Begriff. SPEX erk­lärt es sich neo-dadais­tisch, das klingt so:

Bewusst wird hier klan­glich wie poet­isch ein dauern­des Ver- und Entwirrspiel betrieben mit der Kon­se­quenz ein­er par­tiellen Auf­gabe der eige­nen Bedeu­tung­shoheit … Die Musik von Friends Of Gas ist freies Sich-Ver­hal­ten und ger­ade da, wo sie am ein­deutig­sten scheint, an expliziter Unex­plizitheit inter­essiert.“

Expliz­it elter­lich und also besorgt zeigte sich die SZ, sie kommt ja nun sel­ber aus Mün­schen, es kön­nten die eige­nen Kinder sein:

Dass sich mit dem eige­nen Nicht-Ein­ver­standen-Sein plöt­zlich so viele ein­ver­standen zeigen, das muss man als Musik­er erst ein­mal verkraften.“

Die elter­liche Zweitzeitung in münch­en­er Apart­ments, die taz, erk­lärt alle Sor­gen weg:

Kolos­sale Jugend! Gewaltig! Anti­style, Anti­show und trotz­dem in der puren Wucht und Rep­e­ti­tion andiewand­drück­endgut.“ 

Wir sagen: Möchte sein möchte nicht, der Name ist däm­lich, die Musik unmit­tel­bar. Kein Deuteln, kein Ver­rät­seln, FoG ver­stärkt nichts, ihre Musik lei­ht keinem eine Stimme, sie ven­tiliert keine Wut, die auf der Suche wäre nach ihrem Sound, wenn denn, ist es umgekehrt: Man hört die Musik wie etwas, das aus­drück­en kön­nte, was ins­ge­heim wütet, ger­ade weil sie nicht weiß, warum diese Wut brodelt, es aber wis­sen will, die Wut benen­nen, sie ent­waffnen. Gewalt plus Schön­heit plus Ekstase, es ist ein übles The­ma seit den “Stahlge­wit­tern” von Ernst Jünger und anderen autoritäts­from­men Ästheten, ganz anders als jene weiß diese Musik, dass Macht nie schön ist und Win­dräder mon­strös und einem, wenn sie sich majestätisch drehen, beiläu­fig mit­teilen, wie bedeu­tungs­los das alles sei, du und ich, wo jed­er Feld­weg jeden Irrweg öff­nen kann und jeden Ausweg auch, und dass wir sel­ber schwach sind, alle bei­de, die Musik und die Wut, „fatal schwach“.

Das der Titel des neuen Albums, es ist stark.


urban urtyp presents

FRIENDS OF GAS

Nina Walser | voc
Veron­i­ca Bur­nuthi­an | g
Thomas West­ner | g
Mar­tin Tagar | b
Erol Diz­dar | dr

» 03. Dezem­ber
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