#8 Geoff Berner — 27. März

Geoff Berner

Geoff Bern­er

nuk­lezmer? urban klezmer? Irgend­was zwis­chen Tom Waits, Woody Allen und Punk? Er sel­ber sagt, “I want to make orig­i­nal klezmer music that’s drunk and dirty, polit­i­cal and pas­sion­ate.” Und so ist das, was der Kanadier macht, er und sein anar­chis­tis­ches Akko­rdeon, eine kaltschnäuzige Geige und prun­k­lose Per­cus­sion, es ist “klezmer punk folk dance music”.

Oder was auch immer, Bern­er erneuert den Klezmer so, dass man nicht mehr weiß, wohin das gehört, was man hört. Dabei geht er eigentlich einen tra­di­tionellen Weg: Er bringt die Musik dahin zurück, wo sie hergekom­men ist, auf die Straßen dieser Welt und an ihre Tre­sen: “Kick­ing klezmer back into the bars”,das ist bis­sig, wie er das macht, es ist witzig und poli­tisch und der­maßen jüdisch, dass dieses Konz­ert Teil der Jüdis­chen Kul­turtage ist. Dabei hat Bern­er nur deshalb gel­ernt, Akko­rdeon zu spie­len, weil kein­er bei ihm in Kana­da das Akko­rdeon mochte: “Der Punkrock­er in mir schloss daraus: Wenn es die meis­ten Leute nicht mögen, dann ist es bes­timmt eine gute Idee.”

Damit hat er recht behal­ten und eben­so damit, dass das Klezmer-Revival der 80er und 90er zwar die Konz­ert­säle gefüllt, der Musik aber die Wirk­lichkeit aus­getrieben hat. Klezmer, sagt Bern­er, war eigentlich immer die Musik von Men­schen, die ein Akko­rdeon besaßen und eben kein Klavier. Es war die Musik von Leuten, die wenig hat­ten und von nichts zu viel außer von ihrer Lei­den­schaft und ihrer Lust am Spott.

Davon erzählt Bern­er, er spielt sich durch seine Klezmer-Songs wie durch den eige­nen Tre­sen-Talk. Es geht um den Job und um die Liebe, um rumänis­che Kranken­häuser und göt­tliche Vorse­hung, um die schwieri­gen Fra­gen, die entste­hen, falls man eine “half ger­man girl­friend” hat und dann um ein ganz anderes Prob­lem, es ist das größte von allen, die Langeweile: “What made Mohammed Atta wan­na vis­it New York?”

Bore­dom is the true ene­my”

sagt Bern­er und schlägt im Inter­view vor, ein­fach allen lang­weili­gen Kram zu mei­den, als da wären “songs about angels and the rain” oder “a Star­bucks” oder etwas der­art Ödes wie eine

melod­ic pop punk gui­tar band”.

Was ja nun wirk­lich nicht von der Hand zu weisen ist, Langeweile ist immer melodisch, das wusste schon Bil­ly Bragg, der große Stücke auf Geoff Bern­er hält (“Cher­ish him, cher­ish him, for there real­ly is no one like him. Fan­tas­tic.”). Was Bil­ly Bragg, soweit wir wis­sen, nicht wusste: eine Antwort auf die Frage, wieso solche melodis­chen Pop­punk-Gui­tar­bands über­haupt ent­standen sind? Wieso der ganze stuff? Fragt Bern­er sich und antwortet und singt:

Well, the fact is that God made the world to enter­tain him­self / And to keep things inter­est­ing, he took a lit­tle Evil off the shelf.”

Geoffs Intel­li­gent Design der Schöp­fungs­geschichte. Der Mann ist kein Pop­punk, er ist ein weis­er Punk, er weiß, dass es ohne Hal­tung keine Unter­hal­tung geben kann. Sich sel­ber hat er mal in einem Inter­view als “cer­ti­fied Jew” beze­ich­net. Mit Bar Mitzwa und Hebräis­chschule und jet­zt auch mit einem Auftritt im Rah­men der Jüdis­chen Kul­turtage NRW. Die bieten ab dem 20. März bis Mitte April in 52 Städten des Lan­des “ein alle Kun­stsparten umfassendes Pro­gramm, bei dessen Zusam­men­stel­lung Qual­ität das Auswahlkri­teri­um ist”. So der offizielle Wort­laut, den wir mit hier­mit gerne bestäti­gen.

Weswe­gen Geoff Bern­er ja auch urban urtyp #8 gewor­den ist. Unser­er Indie-Rei­he geht es schließlich darum, den Sound der Stadt zu hören, und der jüdis­che Sound dieser Stadt ist nicht nur wieder zu hören, er ist schon lange nicht mehr zu über­hören. Oder wie Bern­er sagt:

Drink to it, think to it, dance to it.”

Das Konz­ert wird ver­anstal­tet in Koop­er­a­tion mit den Jüdis­chen Kul­turta­gen NRW.
Web­seite Jüdis­che Kul­turtage NRW

Son­ntag, 27. März, 19 Uhr
Karten — für wie immer 10 EUR — gibt es im VVK über nrw-ticket.de und eventim.de, und dann gibt es natür­lich noch das Freigetränk an der Bar …