qualitativ anspruchsvoll, trendsetzend, kreativ“

urban urtyp by Michael Schwettmann

Wow, wir wer­den eingepreist gepriesen! uu wird mit dem APPLAUS-Preis geehrt, und den vergibt wer? Die Bun­desregierung. An wen? An uns, das Inten­dan­ten-Kollek­tiv, das freis­chaf­fende. Wie das? APPLAUS ist ein Preis, der “für die Pro­gramm­pla­nung unab­hängiger Spiel­stät­ten“ vergeben wird, die Beto­nung liegt auf „unab­hängig“: Gepriesen wird, wer nicht am staatlichen Förder­hahn hängt. Und das ist gut, diese “Ini­tia­tive Musik”. Weil es  —  über­all, nicht nur in Bochum  —  „die vie­len kleineren Clubs im ganzen Land sind, denen es gelingt, das Pub­likum mit ihren Live­musik-Pro­gram­men zu begeis­tern und dabei jun­gen, noch unbekan­nten Musik­erin­nen und Musik­ern eine Bühne zu bieten”. So sagte es jet­zt die Beauf­tragte der Bun­desregierung für Kul­tur, Staatsmin­is­terin Moni­ka Grüt­ters bei der Bekan­nt­gabe der Preisträger: “Mit dem APPLAUS wollen wir dieses wichtige kul­turelle Engage­ment hon­ori­eren und weit­ere Anreize geben, in musikalis­che Pro­gramme zu investieren.“

Die Ausze­ich­nung, heute in Dres­den ver­liehen  —  3 von uns sind dabei  —  ist in ver­schiedene Kat­e­gorien unterteilt, urban urtyp wurde in der Sparte „Konz­ertrei­he und Clubs“ nominiert und wird jet­zt als ein­er von 31 Clubs bun­desweit als

kul­turell her­aus­ra­gen­des Live­musikpro­gramm“

aus­geze­ich­net, und das wiederum heißt in den Ohren der bun­desregierungsamtlichen Fach-Jury:

qual­i­ta­tiv anspruchsvoll, trend­set­zend und kreativ“.

Gewürdigt wird mit unserem Pro­gramm zugle­ich das uu-For­mat, es ist, das erzählen wir jet­zt seit acht Jahren, ein weit­er­hin neues For­mat für Live-Musik:

urban urtyp ist Jazz und Post, Elek­tro und Sprache, Klas­sik und Min­i­mal­ism, Ambi­ent und Pop und mehr. Die beste Musik ist die, die man nicht ken­nt. Ein­mal im Monat immer son­ntags, immer 19 Uhr, immer 10 Euro, immer anders: Je ver­lässlich­er das For­mat, umso mehr Spiel­raum fürs Pro­gramm.“

Der Clou dabei: Dieses feste For­mat, das den Spiel­raum ver­lässlich weit­et, ist sel­ber ein offenes Kunst­werk. Die „Ausze­ich­nungswürdigkeit“ der Rei­he erk­lärt sich die APPLAUS-Jury jeden­falls so:

Kein Inten­dant und kein kün­st­lerisch­er Leit­er, es gibt keinen Book­er. Was es gibt: ein Kollek­tiv, in dem jede/r Book­er ist und Inten­dant und kün­st­lerisch­er Leit­er. Eine reine Assozi­a­tion, das Team hat keine Struk­tur, es ist kein Vere­in, es gibt keine Regeln, wer dazu kommt, kommt dazu, entschei­det mit, arbeit­et mit. So erst entste­ht die kün­st­lerische Gestal­tung des Pro­gramms, sie ist unab­hängig, freis­chaf­fend, assozia­tiv.“

Den insti­tu­tionellen Rah­men für dieses For­mat stellt die Chris­tuskirche Bochum. Die evan­ge­lis­che „Kirche der Kul­turen“ hat eine Anschub-Finanzierung geleis­tet, sichert Risiken ab, ist Rechts­form wo nötig. Und: Sie stellt den Raum, eine architek­tonis­che Ikone, die wir für jedes urban urtyp-Konz­ert mit dem urban urtyp-Kubus in Szene set­zen: 

Hausch­ka im uu-Kubus by Ayla Wes­sel | Kul­tur­a­gen­tüer

Damit ist urban urtyp, um dieses For­mat auf eine Formel zu brin­gen, ein Gegenüber zur Staatskul­tur  —  und wird zugle­ich von eben diesem Staat, der Bun­desregierung, gewürdigt: Der Applaus-Preis ist ein kul­tur­poli­tis­ch­er Preis, es geht ihm expliz­it darum,

die kul­turelle Rel­e­vanz dieser weit­ge­hend unab­hängi­gen Musik­clubs auch in der kom­mu­nalen und föderalen Wahrnehmung stärk­er zu verdeut­lichen“.

Ein in der Tat fäl­liger Effekt auch in Bochum: Vor acht Jahren ges­tartet, sind wir mit urban urtyp nie im Kul­turhaushalt der Stadt aufge­taucht und kein Kul­tur­dez­er­nent der Stadt bei keinem unser­er 57 Konz­erte. „Hin­weis für Leute mit För­der­mit­tel-Sen­si­tiv­ität“, heißt es in jedem unser­er Newslet­ter: „urban urtyp ist för­der­mit­tel­frei.“

Und das ist, wenn wir mal kurz über Kul­tur­poli­tik reden wollen, denn doch ein Phänomen: Die Ver­lässlichkeit, die das uu-For­mat über bald 60 Konz­erte hin­weg bietet, stellt keinen einzi­gen Euro in Frage, den der Staat  —  Bund, Län­der, Kom­munen  —  für Kul­tur aufwen­det, wohl aber die Regel-Förderung, das Betrieb­s­denken der Staatskul­tur:

Es geht in der Tat auch ohne Staat, es kön­nte gehen. Dafür einen „Applaus“.


Fol­gende Kri­te­rien waren für die Auswahl der Fachjury entschei­dend:

» qual­i­ta­tiv anspruchsvolle, trend­set­zende und kreative Pro­grammkonzep­tion und –real­i­sa­tion
» angemessene Kon­di­tio­nen für die ausüben­den Kün­st­lerin­nen und Kün­stler
» hoher Anteil lokaler Bands und/oder Nach­wuch­skün­stler/-innen
» erkennbare Pro­gram­matik
» exper­i­mentelle, inno­v­a­tive Pro­gram­mauswahl
» kul­turell und konzep­tionell ambi­tion­iertes Pro­gramm

Das näch­ste urban urtyp-Konz­ert:

» Jeff Cas­caro & Band: Love & Blues in the City

Mehr zum APPLAUS und der Ini­tia­tive Musik:

» www.initiative-musik.de/applaus2017_presse