Wow, wir werden eingepreist gepriesen! uu wird mit dem APPLAUS-Preis geehrt, und den vergibt wer? Die Bundesregierung. An wen? An uns, das Intendanten-Kollektiv, das freischaffende. Wie das? APPLAUS ist ein Preis, der “für die Programmplanung unabhängiger Spielstätten“ vergeben wird, die Betonung liegt auf „unabhängig“: Gepriesen wird, wer nicht am staatlichen Förderhahn hängt. Und das ist gut, diese “Initiative Musik”. Weil es — überall, nicht nur in Bochum — „die vielen kleineren Clubs im ganzen Land sind, denen es gelingt, das Publikum mit ihren Livemusik-Programmen zu begeistern und dabei jungen, noch unbekannten Musikerinnen und Musikern eine Bühne zu bieten”. So sagte es jetzt die Beauftragte der Bundesregierung für Kultur, Staatsministerin Monika Grütters bei der Bekanntgabe der Preisträger: “Mit dem APPLAUS wollen wir dieses wichtige kulturelle Engagement honorieren und weitere Anreize geben, in musikalische Programme zu investieren.“
Die Auszeichnung, heute in Dresden verliehen — 3 von uns sind dabei — ist in verschiedene Kategorien unterteilt, urban urtyp wurde in der Sparte „Konzertreihe und Clubs“ nominiert und wird jetzt als einer von 31 Clubs bundesweit als
„kulturell herausragendes Livemusikprogramm“
ausgezeichnet, und das wiederum heißt in den Ohren der bundesregierungsamtlichen Fach-Jury:
„qualitativ anspruchsvoll, trendsetzend und kreativ“.
Gewürdigt wird mit unserem Programm zugleich das uu-Format, es ist, das erzählen wir jetzt seit acht Jahren, ein weiterhin neues Format für Live-Musik:
„urban urtyp ist Jazz und Post, Elektro und Sprache, Klassik und Minimalism, Ambient und Pop und mehr. Die beste Musik ist die, die man nicht kennt. Einmal im Monat immer sonntags, immer 19 Uhr, immer 10 Euro, immer anders: Je verlässlicher das Format, umso mehr Spielraum fürs Programm.“
Der Clou dabei: Dieses feste Format, das den Spielraum verlässlich weitet, ist selber ein offenes Kunstwerk. Die „Auszeichnungswürdigkeit“ der Reihe erklärt sich die APPLAUS-Jury jedenfalls so:
„Kein Intendant und kein künstlerischer Leiter, es gibt keinen Booker. Was es gibt: ein Kollektiv, in dem jede/r Booker ist und Intendant und künstlerischer Leiter. Eine reine Assoziation, das Team hat keine Struktur, es ist kein Verein, es gibt keine Regeln, wer dazu kommt, kommt dazu, entscheidet mit, arbeitet mit. So erst entsteht die künstlerische Gestaltung des Programms, sie ist unabhängig, freischaffend, assoziativ.“
Den institutionellen Rahmen für dieses Format stellt die Christuskirche Bochum. Die evangelische „Kirche der Kulturen“ hat eine Anschub-Finanzierung geleistet, sichert Risiken ab, ist Rechtsform wo nötig. Und: Sie stellt den Raum, eine architektonische Ikone, die wir für jedes urban urtyp-Konzert mit dem urban urtyp-Kubus in Szene setzen:
Damit ist urban urtyp, um dieses Format auf eine Formel zu bringen, ein Gegenüber zur Staatskultur — und wird zugleich von eben diesem Staat, der Bundesregierung, gewürdigt: Der Applaus-Preis ist ein kulturpolitischer Preis, es geht ihm explizit darum,
„die kulturelle Relevanz dieser weitgehend unabhängigen Musikclubs auch in der kommunalen und föderalen Wahrnehmung stärker zu verdeutlichen“.
Ein in der Tat fälliger Effekt auch in Bochum: Vor acht Jahren gestartet, sind wir mit urban urtyp nie im Kulturhaushalt der Stadt aufgetaucht und kein Kulturdezernent der Stadt bei keinem unserer 57 Konzerte. „Hinweis für Leute mit Fördermittel-Sensitivität“, heißt es in jedem unserer Newsletter: „urban urtyp ist fördermittelfrei.“
Und das ist, wenn wir mal kurz über Kulturpolitik reden wollen, denn doch ein Phänomen: Die Verlässlichkeit, die das uu-Format über bald 60 Konzerte hinweg bietet, stellt keinen einzigen Euro in Frage, den der Staat — Bund, Länder, Kommunen — für Kultur aufwendet, wohl aber die Regel-Förderung, das Betriebsdenken der Staatskultur:
Es geht in der Tat auch ohne Staat, es könnte gehen. Dafür einen „Applaus“.
Folgende Kriterien waren für die Auswahl der Fachjury entscheidend:
» qualitativ anspruchsvolle, trendsetzende und kreative Programmkonzeption und –realisation
» angemessene Konditionen für die ausübenden Künstlerinnen und Künstler
» hoher Anteil lokaler Bands und/oder Nachwuchskünstler/-innen
» erkennbare Programmatik
» experimentelle, innovative Programmauswahl
» kulturell und konzeptionell ambitioniertes Programm
Das nächste urban urtyp-Konzert:
» Jeff Cascaro & Band: Love & Blues in the City
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