Hückeswagen liegt draußen im Land nicht weit von Remscheid entfernt [“du stehst auf der Rollbahn und du weißt, Remscheid ist nicht weit”, wer war das noch mal?]. Der Ort hat 132 Ortschaften und ein paar Einwohner mehr, die Ortschaften heißen Braßhagen, Maisdörpe oder Niederhagelsiepen und die Einwohner Julian, Roman und Wasserfuhr.
Und das ist das ganze Rätsel: Was die Wasserfuhrs aus Hückeswagen machen, klingt so urban wie nur eine Stadt. Das Phänomen hatten wir vor einem Jahr schon mal als ORKA hier waren mit ihrem Industrialsound von den Färöer. Jetzt also die Gebrüder Wasserfuhr, und während beide weit unter 30 sind, staunt die Kritik über “die Abgeklärtheit ihrer Musik”, ihr “wundervolles Understatement”, den “Verzicht auf alles Überflüssige”. Eben das, sagt Matthias Brandt, der Schauspieler, der ja nun einige Erfahrung hat, das eben “muss man sich trauen”. Es sei in jeder Kunst “das Schwierigste überhaupt”, und was die Wasserfuhrs machten, sei “das Gegenteil von Angeber-Jazz”.
Ihr “Englishman In New York” etwa, dieser eh schon große Song von Sting: Mit ihrer Version hätten ihn die Gebrüder Wasserfuhr “in den Olymp gehievt”, schrieb SUITE 101. Wobei ihre Art, einen Song zu “hieven”, so leicht daherkommt, als sei das Leichte wirklich leicht und nicht das Schwerste. Der Song hier zum Hören [5,2 MB]. Sie selber erklären das so:
Wichtig ist, dass wir uns nicht in spieltechnischer Akrobatik verlieren.
Sie vertrauen einfach ihren Melodien, die keine Schnörkel suchen, sie vertrauen dem weichen Ton, der keine Eskapaden braucht, und sie vertrauen den Emotionen, die sich — das Wort nutzen Kritiker immer wieder — “ungekünstelt” daraus entwickeln. Weniger freundliche Bemerkungen gäbe es, das erzählen die Brüder so nebenher, nur von der “Jazz-Polizei”. Das ist die Abtlg., die dazu da ist, den “elitären Jazz” zu bewachen, damit er ihr nicht ins Publikum wegläuft:
Wir beschäftigen uns mit Reduktion. Melodik ohne spontane Abschweifung, die Vermeidung von Komplexität, keine vertrackten rhythmischen Muster, sondern einfache Songs mit Intensität.
Das ist das Programm, mit dem sind die Wasserfuhrs in die Liga aufgestiegen, in der sie heute spielen: Ihre CD “Upgrated in Gothenburg” hat Nils Landgren produziert und Ida Sand besungen, auf “Gravity”, der aktuellen CD, spielt Lars Danielsson den Bass und Wolfgang Haffner trommelt, alle sind sie Europas erste Güte, alle spielen sie bei ACT.
Nach Bochum bringen Roman und Julian Wasserfuhr jetzt ihr eigenes Quartett mit, am Bass übrigens Benjamin Garcia, der schon zu Beginn der Spielzeit als urban urtyp #11 bei uns gewesen ist.
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